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Waller Rio Ebro

Rekordwaller am Rio Ebro

… vom denkwürdigsten Geburtstag in meinem Leben

Martin, 07.03.08

Void
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Auch wenn dieses Erlebnis schon einige Jahre alt ist moechte ich es euch nicht vorenthalten! Rio Ebro im Jahr 2005. Zwei harte Wochen Waller- und Zanderangeln lagen hinter mir. Ort des Schauspiels: Riba Roja-Stause, Rancho Rio Ebro. Meine Begleiter waren: Keine. Der vorletzte Tag der Tour. Nach anfänglichen Schwierigkeiten war ich nun endgültig dem Klopfen verfallen. Aber heute standen die Sterne besonders günstig: Ich hatte die Tour ganz bewusst auf meinen sechsundzwanzigsten Geburtstag gelegt!



04.10.2005


Geburtstag hin, Geburstag her, mein Ködervorrat hatte sich beträchtlich reduziert. Alle Köderfische waren verangelt oder geklaut. Angelguide Klaus hatte mir drei handlange Rotaugen geschenkt, die (hoffentlich noch) unter dem Steg in meinem Setzkescher dümpelten. Von einem andern Gast hatte ich einen Sack Pellets abgekauft, damit wollte ich es heute Nacht ausprobieren und dem Mythos vom Segre auf den Grund gehen. Also machte ich mich am Morgen mit meinem Boot nach Mequinenza auf. In Bis zum Nachmittag wollte ich mich erst nach anderen Bootsverleihen und Angelcamps umschauen und bekam an meinem ersten Halt auch sofort gute Tipps von zwei Schweizern. Danach irrte ich durch Olivenplantagen, fuhr den flachen Segre hinauf, rasierte mit meiner Schiffsschraube einen Baumstumpf, stellte fest, das die Hälfte meiner Pellets zu allem Überfluss schwammen und beruhigte mich schließlich mit einem leckeren Snack bei Josela, dem Imbiss-Flitzer von Mequinenza.

Da ich in der Nacht unmöglich die Untiefen des Segres hätte umrunden können, wollte ich den Mythos der Pellets beim Mythos belassen. Genervt fuhr ich zur Rancho zurück, schnappte die drei Rotaugen, fuhr an die gewohnte Kante und angelte mit meiner Klopf – Posen – Setzkescherdriftsackmethode. Mehrfach hatte ich gehört, dass bei den fallenden Temperaturen immer mehr Waller aus dem flachen Segre in den tieferen Ebro ziehen würden. Da der Fluss hier erstmalig auf zwölf Meter abfiel, hoffte ich auf einen „unverangelten“ Fisch auf dem Weg ins Winterquartier. Ich variierte die Anzahl und die Frequenz der Klopfschläge, immer mit gebanntem Blick auf den Bildschirm. Hatte man erst mal seinen Rhythmus gefunden, ging das sehr entspannt.  Nach einiger Zeit bekam ich eine SMS von meinem Kumpel, der mich schon zum Po begleitet hatte: „Herzlichen Glückwunsch. Mit Gottes Hilfe mögest Du heute einen fetten großen Waller fangen. Bis dann, Gerrit.“



Die nächsten zwanzig Minuten dümpelte ich über den See und genoss die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Plötzlich zeigten sich auf dem Echolot ein Baum und ein Balken, es ruckte zaghaft an der Schnur. Ich setzte den Anhieb aus der Hand, nahm eine Drillposition ein und schlug mit der Rute noch ein zweites Mal an. „Mist, der sitzt im Baum! Oder doch nicht!“ Behäbig setzte sich mein Gegner in Fahrt.


















Schnell zwang er mich aus dem Stand auf die Bank, ich umklammerte mit beiden Händen die Rute. Zum Glück hatte ich vorher meine Bremse am Bootsteg genau auf die Rute eingestellt, auf das Material musste ich mich daher verlassen können. Nun hatte ich keine Zeit zum Nachdenken mehr. Bloß keinen Fehler machen. Der Fisch drehte das Boot, zog das Boot. Ich bekam ihn keinen Zentimeter vom Boden. Unglaublich, so etwas hatte ich nie erwartet! Nach zehn Minuten hörte ich eine Stimme: „Soll ich helfen?“ Zwei Österreicher waren zufällig auf der Suche nach einer Angelstelle und hatten meinen Drill beobachtet. „Ja!“ Wenig später war „Kurtl“ bei mir an Bord und stellte nach kurzer Zeit fest: „Der hat über 220cm!“

Die nächsten Minuten versuchte ich vergeblich die Fluchten zu stoppen, indem ich die Rolle vorsichtig mit meinem Finger abbremste. Dann aber war es soweit: Endlich kam der Waller vom Boden, ich pumpte einen halben Meter, der Fisch nahm drei Meter zurück. Meine Kräfte ließen langsam nach. Als ich den Fisch schließlich im Mittelwasser hatte, tauchten eine Menge Blasen an der Oberfläche auf. „Der gibt gleich auf, er leert seine Schwimmblase!“ Dennoch dauerte es viele weitere zermürbende Minuten, bis wir das Tier das erste Mal zu Gesicht bekamen. Als der Waller längs vor mir auftauchte, erschrak ich. Mit so einem Riesen hatte ich nicht in meinen kühnsten Träumen gerechnet. Nach vierzig Minuten waren der Waller und ich schließlich ausgedrillt.

Kurtl setzte gekonnt zur Handlandung an und zog das Monster über den Bug des Bootes. Meine Arme zitterten, ich schwebte im siebten Wallerhimmel. Das war der Fisch meines Lebens. Als wir den Bootsteg erreichten und den Waller anleinten kam das Camp in Aufruhr. Doch zuerst durfte sich das erschöpfte Tier im Wasser für zwei Stunden ausruhen. Dann wurde es auf der Trage mit vier Mann zum Baum mit der Waage gebracht. Klaus las nach einigen Wiegeversuchen schließlich ab: 83kg! Das war Camprekord 2005! Das Messen ergab eine Länge von 237cm! Von nun an war meine Zeit am Ebro einfach nur noch schön… Am Abend konnte doppelt gefeiert werden: Der Waller und nebenbei auch ein wenig mein Geburtstag.



Mit Ehrfurcht begann am nächsten morgen der Modeltermin mit dem Waller, der vermutlich mein Alter hatte. Um ganz sicher zu gehen, dass sich der Fisch vom Drill erholen würde, hatte ich ihn über Nacht am Bootssteg angeleint. So konnte er sich erstmal ausruhen und war heute wieder putzmunter. Nach ein paar Fotos im Wasser löste ich die Leine. Gemächlich schwamm das gewaltige Tier davon und verschwand in den Ebrofluten…






An dieser Stelle noch einmal besten Dank:

•    An Kurtl, ohne dessen Hilfe ich den Waller niemals hätte landen können
•    An Klaus für seine Freude beim Wiegen.
•    An Gerrit für seine SMS.
•    Ein zweites Mal an Klaus für seine Rotaugen.
•    An meinen Gerätehändler.
•    An Peter, der meinen Ehrgeiz anspornte.
•    Und natürlich an den Waller, dass er mich beim Fotografieren nicht gebissen hat!

Möge alle Beteiligten ein fetter Waller heimsuchen!!!